„ Ich will und werde als Beauftragter des ganzen deutschen Volkes handeln, nicht als Vormann einer einzigen Partei. Ich bekenne aber auch, dass ich ein Sohn des Arbeiterstandes bin, aufgewachsen in der Gedankenwelt des Sozialismus, und dass ich weder meinen Ursprung noch meine Überzeugung jemals zu verleugnen gesonnen bin.“
Diese Worte sagte Friedrich Ebert nach seiner Wahl zum Reichspräsidenten am 11. Februar 1919.
An diesem Tag wählte ihn die damalige Nationalversammlung mit 277 von 379 abgegebenen Stimmen zum vorläufigen Reichspräsidenten der Weimarer Republik. Am 31. Juli 1919 verabschiedete die Nationalversammlung in Weimar die erste deutsche Verfassung mit einer demokratischen Grundordnung. Die Vereidigung Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten erfolgte am 21. August 1919.
Friedrich Ebert wurde am 4. Februar 1871 als viertes Kind eines Schneidermeisters in Heidelberg geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf des Sattlers. Schon früh engagierte er sich für den Zusammenschluss von Handwerkern in Gewerkschaften. Mit 18 Jahren trat er in die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), die 1890 in Sozialdemokratische Partei Deutschlands umbenannt wurde, ein.
Sein Weg führte ihn früh nach Bremen, das seine zweite Heimat wurde. Seine Adresse wurde zur Anlaufstelle für Sozialdemokraten und andere Menschen in Not. Als einer der ersten Vertreter der Sozialdemokraten wurde er in das Bremer Stadtparlament gewählt und führte deren sozialdemokratische Fraktion. Bereits 1894 war er zum Parteivorsitzenden der Bremer SPD gewählt worden. Durch sein Kümmern um den Nächsten wurde Friedrich Ebert immer mehr einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
Seit 1913 hatte Friedrich Ebert gemeinsam mit Hugo Haase, der zu den linken Sozialisten zählte, den Vorsitz der SPD inne. Angesichts des drohenden Krieges war die SPD zerstritten. Ebert und Haase waren Nachfolger von August Bebel, einem der Mitbegründer der organisierten sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Deutschland, der am 13. August 1913 verstorben war.
Der Streit zwischen Befürworten und Gegnern des Krieges führte 1917 zur Abspaltung der USPD. Erst nach Ende des Krieges gelang es den sozialdemokratischen Kräften in der Nationalversammlung eine Mehrheit zu finden, die schließlich Friedrich Ebert im Jahre 1919 zum Präsidenten der ersten Republik auf deutschem Boden wählte.
Die Jahre bis zu seinem Tod waren geprägt von instabilen Regierungen, Krisenjahren und Konflikten der Währungsreform und der Sozialpolitik. Die große Koalition von der SPD bis zur DVP im Reichstag zerbrach. Die SPD gelangte schließlich in die Opposition. Mit dem konservativen Zentrumspolitiker Wilhelm Marx bildete Ebert ein neues Kabinett.
Eberts Ansehen in der SPD und der Arbeiterschaft hatte unter den politischen Verhältnissen, insbesondere des Jahres 1923, gelitten. Und doch war es Friedrich Ebert zu verdanken, dass die parlamentarische Demokratie ihre bisher größte Krise überstand.
Dr. Kuno Bludau, Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn, beschreibt Friedrich Ebert in der Broschüre über das Setzen des Erinnerungssteines aus dem Jahre 1987 wie folgt: „ Eine auf dem beschwerlichen deutschen Weg zur Demokratie in äußersten Bedrängnissen geprägte und gezeichnete Gestalt. Eine Persönlichkeit, die, von moralischer Integrität bestimmt, in unerschüttertem Glauben an eine deutsche Zukunft eine menschliche Kräfte übersteigende Aufgabe übernahm und die im Versuch, die gegeneinander wirkenden Kräfte zu versöhnen, gescheitert ist.“
Am 28. Februar 1925 verstarb Friedrich Ebert im Alter von 54 Jahren. Er wurde in seiner Geburtsstadt Heidelberg beerdigt.
Nach seinem Tod wurde Friedrich Ebert zur Symbolfigur der deutschen Sozialdemokratie. Die SPD sieht ihn noch heute als eines ihrer größten Vorbilder. Darum ist es nicht verwunderlich, dass dem Präsidenten der ersten deutschen Republik an vielen Orten ein Denkmal gesetzt wurde.
Bereits 1926 wurde an der Nordseite der geschichtsträchtigen Paulskirche in Frankfurt am Main erstmals eine Bronzefigur Friedrich Eberts eingeweiht, die 1933 von der NSDAP entfernt wurde. Zum 25. Todestag Friedrich Eberts am 28. Februar 1950 wurde ein Neuguss der vier Meter großen Bronzefigur aufgestellt.
In Dortmund - Hörde wurde 1928 ein Denkmal eingeweiht, dass 1933 zerstört und 1985 neu errichtet wurde. Das Denkmal trug die Inschrift: „Des Volkes Wohl sei meines Lebens Ziel“.
Eine kleine Büste von Friedrich Ebert ist am Rathaus der Stadt Hagen in Westfalen auf dem Friedrich-Ebert-Platz angebracht.
1926 errichtete das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in Witten ein „Republikaner Denkmal“ für drei führende Männer der Weimarer Republik: Mathias Erzberger, Friedrich Ebert und Walter Rathenau. Die Nationalsozialisten machten daraus ein Denkmal für den rechten Offizier Albert L. Schlageter. 1945 wurde das Denkmal zerstört und auf Initiative des SPD Stadtverbandes Witten 1985 in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt.
Ein weiteres Denkmal befand sich in Dessau (ca. 1926 erbaut und 1932 zerstört).
In Coswig (Sachsen-Anhalt) gibt es heute noch einen Friedrich-Ebert-Gedenkstein. In Bad Bramstedt wurde 1930 von der Stadt ein Friedrich-Ebert-Denkmal errichtet.
Das in Bayern wohl einzig errichtete Friedrich Ebert Denkmal befindet sich in Ottobrunn. Es wurde 1928 vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und der SPD errichtet und1933 von den Nazis zerstört. Bereits im Jahre 1954 wurde anstelle des Denkmals eine Säule erbaut, die an Friedrich Ebert erinnert.
Eine Besonderheit weist das ehemalige Friedrich- Ebert- Denkmal in Glogau auf. Glogau liegt in Niederschlesien im heutigen Polen. 1926 wurde das Denkmal von Sozialdemokraten errichtet. Im Beisein des Vorsitzenden der SPD Franz Müntefering wurde das Denkmal im Mai 2000 dem Gedenken an die deutschen und die polnischen Opfer von Krieg, Gewalt und Vertreibung gewidmet.
In diese Vielzahl der Erinnerungsstätten an Friedrich Ebert reiht sich auch unser Denkmal auf dem Papenbrink ein, das vor nunmehr 80 Jahren errichtet wurde.
Wilhelm Gerntrup, ehemaliger Ortsheimatpfleger von Kleinenbremen schreibt in einem Zeitungsartikel des Mindener Tageblattes vom 3. April 2004 von einer „spektakulären Einweihungsfeier“ am Pfingstmontag 1929 auf dem höchsten Berg des Wesergebirges. Über 5000 Teilnehmer aus Westfalen und dem angrenzenden Schaumburg waren gekommen, um die Enthüllung des Friedrich-Ebert-Denkmals zu erleben.
Die Begrüßung erfolgte durch das Mitglied des Gauvorstandes, Diplomkaufmann Genosse Kupfer (Bielefeld).
Heinrich Drake. damals lippischer Landespräsident, hielt die Weiherede. „In glänzender Weise verstand er es, den Kämpfer und Führer Friedrich Ebert zu ehren. Seine warm empfundenen Worte waren schlicht und einfach und daher besonders wirkungsvoll. Die Fahnen wurden gesenkt, die Häupter entblößten sich und die Hülle fiel, als wehmutsvoll das Lied vom guten Kameraden zu Tal klang“, war in der Beilage der „Weser-Warte“ vom 22. Mai 1929 zu lesen.
Chöre aus Minden und Hausberge umrahmten die Feier. Grußworte sprachen der Architekt Warmbold aus Hausberge, die Genossen Hahn (Kleinenbremen), Saiger (Schaumburg-Lippe) und der Bundesjugendführer Pape aus Magdeburg. Im Festzug und auf dem Festplatz am Denkmal wurden 800 Reichsbannerleute gezählt.
Vorausgegangen waren am Pfingstsonntag Schutzsportwehrkämpfe und die Austragung der Gaumeisterschaften. Ihnen folgte der Republikanische Abend, der einen Lichtbildervortrag über das Leben und Wirken Friedrich Eberts beinhaltete. Die Veranstaltung zog sich bis Mitternacht hin.
Am Nachmittag des Pfingstsonntags stellte man sich im Dorf zum Festzug auf. Zuschauer und Gäste eilten scharenweise den Berg hinauf, um von der Höhe einen Blick ins Tal und auf den Festzug werfen zu können.
Über dem Denkmal auf der hohen Kuppe – der Berg war seinerzeit noch nicht mit Bäumen bewachsen – leuchteten sechs schwarz-rot-goldene Fahnen. Bald schreiten die Fahnengruppen ins Sonnenlicht des Papenbrinks. Voran die Trommler, gefolgt von der Marschkapelle. Dann 26 Fahnen, etwa 20 Wimpel und das weithin leuchtende rote Transparent der Kleinenbremer Arbeitersportler, das der Welt verkündet: „Wir wollen, dass die Arbeit Freude werde“.
Unter den prominenten Persönlichkeiten am Fuße des Denkmals standen der Genosse Saiger als Vertreter der Schaumburg - Lipppischen Landesregierung, Bürgermeister Günther aus Hausberge, Landrat Petersen und als Vertreter der Regierung der Ministerialbeamte Dr. von Krause, so berichtet es uns die Beilage der „Weser-Warte“.
Veranstalter der Feierlichkeiten war das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold des östlichen Westfalens.
Im Jahre 1934 wurde das Denkmal von Nazis aus dem Dorf gesprengt. Öffentlich bekannt zu der Tat hat sich niemand. Es wurde auch keiner angeklagt oder gar verurteilt. Hinter vorgehaltener Hand wurden jedoch immer wieder Namen genannt. Sie stammten allesamt aus dem eigenen Ort. Schon damals gelobten Kleinenbremer Sozialdemokraten Wiedergutmachung.
Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde im SPD-Ortsverein Kleinenbremen immer wieder der Wiederaufbau des Friedrich-Ebert-Denkmals diskutiert.
Um die Baumaßnahme finanzieren zu können, wurde die Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn um Unterstützung gebeten. Im März 1984 wandte sich der SPD-Ortsverein erstmals schriftlich an die Stiftung. Nachdem von dort über einen längeren Zeitraum keine Rückmeldung erfolgte, wurde der Bundestagsabgeordnete Lothar Ibrügger eingeschaltet, der wiederum mit dem Vorsitzenden der Stiftung, Heinz Kühn, (Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen von 1966 bis 1978) Kontakt aufnahm.
Das 1929 errichtete Denkmal bestand aus einem rechteckigen, drei mal fünf Meter großen und etwa dreieinhalb Meter hohen Gesteinsmassiv. Auf dem oberen Steinquader stand: „Friedrich Ebert - Des Volkes Wohl ist meiner Arbeit Ziel“.
Zum Denkmalbau wurden Steinquader aus dem Steinbruch Kruse in Barksen auf den Papenbrink transportiert. Dabei wurden im Winter 1928/29 Pferdegespanne mit eigens konstruierten Spezialschlitten eingesetzt.
Beim Aufbau waren insbesondere Mitglieder des Arbeitersportvereines und des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold sowie der SPD aus Kleinenbremen beteiligt. Dazu kam eine Vielzahl von Arbeitslosen, die dieses Werk in 3500 Arbeitsstunden ohne Kosten verrichteten. Den Platz stellte die Gemeinde Kleinenbremen kostenlos zur Verfügung.
Dass das Denkmal in seiner ursprünglichen Größe nicht wieder aufgebaut werden konnte, war uns SPD-Ortsvereinsmitgliedern schnell klar, da es den finanziellen Rahmen sprengte.
Es war zunächst daran gedacht, das Denkmal als eine ca. 2,20 m hohe Stele aus handwerklich bearbeitetem Naturstein herzustellen. Der dreieckige Grundriss sollte symbolhaft die Ziele darstellen, für die schon in der französischen Revolution gekämpft wurde und für die letztlich auch die Arbeiterbewegung eintritt: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Die Kosten für diese Stele konnten jedoch auch mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung nicht aufgebracht werden.
Der Gedanke an eine Erinnerung an das ehemalige Friedrich-Ebert-Denkmal auf dem Papenbrink ließ uns jedoch nicht los. So kam es, dass man schließlich auf einen hiesigen Findling, der uns von der Grube „Wohlverwahrt“ Nammen (Barbara-Rohstoffbetriebe) kostenlos zu Verfügung gestellt wurde, zurückgriff.
Die Barbara-Rohstoffbetriebe brachten den Erzblock von der Wülpker Egge auf das Gelände des ehemaligen Kleinenbremer Bahnhofs an der Rintelner Straße. Von dort aus wurde im Juli 1987 der rund 2,30m mal 1,30 m große und knapp drei Tonnen schwere Stein mit einem Spezialkran auf einen Treckeranhänger geladen und auf den Papenbrink transportiert. Trecker und Anhänger wurden uns kostenlos von dem Landwirt Paul Kriening, Spellmannsbrink, zur Verfügung gestellt. Dem Fahrer des Spezialkranes wurden bei der Fahrt auf den Papenbrink einige Fahrkünste abverlangt.
Das Entladen des Steines und das Justieren auf den vorbereiteten Sockel mit Hilfe fleißiger Hände von Mitgliedern und Freunden des SPD-Ortsvereins erforderten großes Geschick. Für das Herrichten des Sockels und der übrigen Vorarbeiten wurden in den Wochen vorher etwa 260 Arbeitsstunden aufgewandt.
Der Steinmetz und leider schon verstorbene Genosse Herbert Stendel aus Holzhausen wurde mit der Fertigung der Inschrift für den Gedenkstein beauftragt.
Der Text war von der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgegeben worden:
DAS DENKMAL, DAS FRÜHER AN DIESER STELLE STAND, WURDE 1934
VON DEN NATIONALSOZIALISTEN ZERSTÖRT.
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG BONN
SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS
ORTSVEREIN KLEINENBREMEN
1987
Die Einweihung des Erinnerungssteines erfolgte am 24. Oktober 1987. Die Teilnehmer trafen sich an diesem Tag um 13.00 Uhr am Dorfgemeinschaftshaus Kleinenbremen und wanderten gemeinsam auf den Papenbrink.
Zahlreiche Kleinenbremer Bürgerinnen und Bürger und viele Ehrengäste, darunter Heinz Junker, Vorsitzender des SPD-Bezirks Ostwestfalen-Lippe, Dr. Kuno Bludau von der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn, die Bundes- und Landtagsabgeordneten Lothar Ibrügger und Reinhold Trinius und der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Porta Westfdlica Rudi Vollmann nahmen an der Feier teil. Die Festansprache hielt Heinz Junker. Die Enthüllung des Gedenksteines erfolgte durch Dr. Kuno Bludau.
Der damalige Ministerpräsident und Vorsitzende der SPD des Landes Nordrhein-Westfalen und spätere Bundespräsident Johannes Rau hatte ein Grußwort gesandt, das in der Broschüre zur Einweihung des Gedenksteines nachzulesen ist.
In den Jahren ab 1988 trafen sich Mitglieder und Freunde des SPD-Ortsvereins Kleinenbremen und Freunde und Genossen aus den umliegenden Ortsvereinen jeweils am 1. Mai zur Maifeier am Gedenkstein auf dem Papenbrink.
Mit dem neuen Gedenkstein wollen wir deutlich und sichtbar machen, dass der demokratische Geist, das Bemühen um soziale Gerechtigkeit und der Widerstand gegen Gewalt und Diktatur auch hier bei uns weiterleben sollen. Dafür war und ist Friedrich Ebert über alle Parteigrenzen hinweg ein großes Vorbild.
Porta Westfalica, im Juni 2009
Werner Debbe
Alter Schulweg 9