Denkmal ein Fanal für Demokratie / Friedrich-Ebert-Denkmal vor 75 Jahren enthüllt / 1933 von Hitler-Anhängern in die Luft gesprengt

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica- Kleinenbremen (gp). Es war mehr als eine spektakuläre Einweihungsfeier: Die Enthüllung des Friedrich-Ebert-Denkmals vor 75 Jahren auf dem Papenbrink geriet zum politischen Fanal. Mehr als 5000 Teilnehmer aus ganz Westfalen und dem Schaumburger Land waren am Pfingstmontag 1929 auf der höchsten Erhebung des Wesergebirges zusammengeströmt. Dieses Denkmal soll ein Mahnzeuge sein auf der Wacht gegenüber den Feinden der Republik, rief der westfälische Landespräsident Heinrich Drake der Menge zu. Kampfgesänge brandeten auf. Fäuste wurden gen Himmel gereckt. Wer mit den Feinden der Republik gemeint war, musste Drake nicht lange erklären. Immer lautstärker meldeten sich seit geraumer Zeit die Anhänger Adolf Hitlers zu Wort. Ein politisches Programm gab es nicht, statt dessen jede Menge Fackelzüge und antidemokratische Parolen. Unverblümt machte man sich über die Weimarer Republik und die parlamentarischen Hampelmänner lustig. Sozialdemokraten wurden als vaterlandslose Gesellen beschimpft. Symbol gegen braunes Geschwür In dieser Situation kamen die Kleinenbremer SPD- Anhänger auf die Idee, dem braunen Geschwür (Arbeitersportführer Fritz Ostermeier) ein unübersehbares und weithin sichtbares Symbol entgegenzusetzen. Die Roten verfügten über eine satte Zweidrittelmehrheit im Dorfe. Ihre Stammwähler waren Steinbruch- und Zechenarbeiter.

Als geeignete Symbolfigur bot sich der 1925 verstorbene, erste (SPD-)Reichspräsident Friedrich Ebert an.Als Standort für das Denkmal kam nur der Papenbrink infrage. Der damals noch unbewaldete Berg galt als besonders symbol- und geschichtsträchtiger Ort. Hier soll es in grauer Vorzeit zum Kampf zwischen einem Papen (Pfaffe) als Verkörperung des christlichen Glaubens und dem Düwel (Teufel) als Sinnbild des heidnischen Sachsentums gekommen sein. Im Laufe des 19. Jahrhundert entwickelte sich die Anhöhe zum beliebten Ziel. Mehr noch als die zu seinen Füßen lebenden Kleinenbremer fühlten sich die Bückeburger und Rintelner vom Papenbrink angezogen. Der Bückeburger Gebirgsverein baute eine Schutzhütte. Es ist ein köstliches Weilen hier oben, befand Hermann Löns.Am Pfingstmontag vor 75 Jahren kam, wie gesagt, mit dem Ebert-Denkmal ein weiterer Gipfelbau hinzu. Er bestand aus einem rechteckigen, drei mal fünf Meter großen und gut dreieinhalb Meter hohen Gesteinsmassiv. Die Einweihungsfeierlichkeiten begannen bereits tags zuvor mit Sportwettkämpfen, Chordarbietungen und Tanzformationen. Bei der offiziellen Weihefeier am Pfingstmontag war der Berg schwarz von Menschen. Reichs- und Landesregierungen hatten Abordnungen geschickt. Die konservativ denkenden Lütkenbremer empfanden das Spektakel auf dem Berg über ihnen als Provokation.

Rechts gegen Links im Dorf

Besonders sauer waren die Mitglieder des Kriegervereins. Sie hatten bereits Mitte der zwanziger Jahre, also noch vor der SPD, den Bau eines Denkmals ins Auge gefasst. Auf den Papenbrink gehöre ein vaterländisches Nationalmonument, war man sich einig. Das Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand der Roten im Dorfe. Kein Wunder, dass man im Lager der Rechten insgeheim auf eine Möglichkeit zur Rache sann. Die Gelegenheit dazu kam früher als erwartet. Nur vier Jahre nach der Ebert-Denkmal- Weihe wurden die beschwörenden Worte des Festredners Drake von der Wirklichkeit eingeholt. Hitler-Anhänger sprengten das Ebert-Mahnmal kurz nach der Machtergreifung in die Luft. Öffentlich bekannte sich niemand zu der Tat. Auch angeklagt oder gar verurteilt wurde keiner. Hinter vorgehaltener Hand wurden jedoch die Namen der Beteiligten genannt. Sie stammten allesamt aus Kleinenbremen. Die örtlichen Sozialdemokraten gelobten schon damals Wiedergutmachung, mussten damit jedoch bis zum Ende des Tausendjährigen Reiches warten. Nach längerer Vorbereitungsphase war es dann 1987 soweit. Im Beisein von viel Prominenz wurde am alten Standort ein neues, auch heute noch vorhandenes Ebert- Denkmal geweiht.

Quelle: Mindener Tageblatt 25.05.2004