Kulturmittlerin Awaz Issa (links) und die Integrationsbeauftragte Melanie Linke begleiteten die Impfaktion.
Foto: Michael Grundmeier

Porta Westfalica-Kleinenbremen. Die Resonanz auf die mobile Impfaktion in Kleinenbremen war gut. Das Impfzentrum Hille machte am Donnerstag am Edeka-Markt in Kleinenbremen Station. Bis zu 60 Menschen standen teilweise Schlange, um sich den Piks abzuholen, darunter auch mehrere Geflüchtete aus der Kleinenbremer Unterkunft. Am Ende der zweistündigen Aktion hatten sich exakt 100 Menschen impfen lassen.

Mit dabei war auch ein junger Syrer, der sich vor einigen Wochen noch nicht impfen lassen wollte. Er habe im Internet „viel Schlechtes“ über die Impfstoffe gelesen, berichtete er. Mögliche Nebenwirkungen hätten ihm Angst gemacht. Später habe er allerdings gehört, dass viele der im Netz verbreiteten Nachrichten falsch seien. Außerdem hätten andere berichtet, dass es gar nicht so schlimm sei. Er verlasse sich nun mehr auf die deutschen Ärzte als auf das Netz. Er wolle andere nicht mit Corona anstecken und möchte sich auch nicht immer wieder testen lassen, erklärte er seine Motive, sich impfen zu lassen.

Melanie Linke, zuständig für Ehrenamt und Integration in der Stadt, freute sich darüber, dass einige Geflüchtete an der Impfaktion teilnahmen. Es sei wichtig, dass diese sähen, dass auch viele Deutsche in der Schlange stehen, das motiviere zusätzlich. Linke erinnerte an eine ähnliche Aktion vor zwei Monaten – damals speziell für Geflüchtete –-zu der nur wenige Impfwillige gekommen waren. Klare Kommunikationswege zwischen dem Kreis und den Akteuren innerhalb der Kommunen hätten die Chance auf eine positivere Bilanz der Impfaktion wesentlich erhöht, beklagte danach der Verein Hilfe für Flüchtlinge in einem Leserbrief.

Diesmal sei man besser vorbereitet gewesen, sagte Linke am Donnerstag. „Wir nehmen die Menschen an die Hand und gehen auf ihre Sorgen ein.“ Die Probleme der ersten Aktion führt Linke auf Sprachbarrieren, aber auch auf ein mangelndes Vertrauen in Behörden zurück. „In ihrem Heimatland haben die Menschen ganz andere Erfahrungen gemacht.Das müssen wir berücksichtigen.“ Dazu komme eine „Unmenge an Nachrichten, die über Menschen hereinbricht, die vielleicht die Bildung nicht haben oder unsere Sprache noch nicht so gut beherrschen“. Außerdem habe es bei der ersten Aktion nur ein Impfstoff (Johnson&Johnson) gegeben. Diesmal standen auch AstraZeneca, Biontech und Moderna für Erst- und Zweitimpfungen zur Verfügung.

Kulturmittlerin Awaz Issa kennt die Ängste, die Geflüchtete vor dem Piks haben könnten. Am Anfang sei sie selbst zögerlich gewesen, das sollte sich am Donnerstag ändern. „Ich werde mich heute impfen lassen“, erklärte die gebürtige Syrerin. Was sie und andere zunächst von der Impfung abgehalten hat? Manch befürchteten, dass die Impfung krank mache, sagt die Kulturmittlerin . Oft werde auch gefragt, ob die Impfstoffe alle gleich wirkten.

Man müsse in „kleinen Schritten“ vorgehen und die Menschen immer wieder aufs Impfen ansprechen, ist Linke überzeugt. „Viele denken, ich bin gesund, warum soll ich mich impfen lassen.“ Entsprechend wichtig sei die Begleitung durch Kulturmittler und andere Fachleute: „Sie können sich gut in die Probleme und Sorgen der Menschen einfühlen, außerdem sprechen sie ihre Sprache.“

Der Anteil der Geflüchteten unter den Impfwilligen war am Donnerstag insgesamt überschaubar. Allerdings hätten mehrere in den vergangenen Wochen andere Wege gefunden, um sich impfen zu lassen, etwa beim Hausarzt, berichtet Linke. Und andere seien weiterhin nicht vom Nutzen der Impfung überzeugt.

Die nächsten Impfaktionen finden in Lerbeck und Hausberge statt. Beide Termine sollen, wie auch der in Kleinenbremen, der gesamten Bevölkerung offenstehen. Ein Datum steht noch nicht fest.


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