Storchenpaar auf dem Kleinenbremer Horst: Naturschutzwart Walter Caselitz spricht euphorisch von einem „Jahrhundert-Ereignis“. Foto: Barbara Tiedermann/privat Porta Westfalica-Kleinenbremen (Ly). Zum ersten Mal seit vermutlich mehr als 100 Jahren hat sich in Kleinenbremen wieder ein Storchenpaar niedergelassen. Der Horst steht im Bruch zwischen Bückeburger Straße und Schermbeeke, wo vor einiger Zeit eine grüne Oase entstanden ist – samt Renaturierung des Mühlenbaches. „Für das Gesamtprojekt ist dies die Krönung“, freut sich der städtische Umweltbeauftragte Dr. Albrecht von Lochow über die Ankunft der Störche. „Eine großartige Nachricht“, stimmt Bürgermeisterin Dr. Sonja Gerlach mit ein. Naturschutzwart Walter Caselitz, zugleich Vorsitzender des örtlichen Heimatvereins, spricht sogar von einem „Jahrhundert-Ereignis“. Nach seiner Schätzung haben die letzten Störche um das Jahr 1900 in Kleinenbremen gebrütet, auch damals an der Grenze zu Bückeburg. Anwohner Ernst Aldag hat keinen Zweifel, dass es 2021 klappt mit der Brut. „Das ist ja eine feuchte Ecke hier“, sagt er. Störche brauchen Feuchtwiesen und auch Äcker, die ebenfalls in unmittelbarer Nähe liegen. Sie fressen gern Regenwürmer, Insekten, Frösche und Mäuse. Das Nahrungsangebot scheint also gesichert. In Kleinenbremen gibt es ein anderes Problem: Einer der Adebare, möglicherweise das Weibchen, hat links zwischen den Zehen ein größeres Stück Plastik, das von einem Weidezaun stammen könnte – und er wird es nicht wieder los. Ob Paarung und Brüten damit möglich sind, muss sich zeigen. „Es liegt jedenfalls noch kein Ei im Nest. Sonst würden nicht beide Störche den Horst verlassen“, erklärt Barbara Tiedermann vom Vorstand des „Aktionskomitees Rettet die Weißstörche“, die das Paar täglich beobachtet und Fotos macht. Von der Eiablage bis zum Schlüpfen vergehen im Schnitt 32 Tage. Optimaler Lebensraum: (von links) Judith Mohme, Dr. Sonja Gerlach, Barbara Tiedermann und Dr. Albrecht von Lochow am Ufer des renaturierten Mühlenbaches. Im Hintergrund ist der Horst zu sehen. Foto: Stefan Lyrath - © Lyrath Beide Tiere sind nicht beringt, über die Herkunft lassen sich daher nur Vermutungen anstellen. Ende März hatte erst ein Storch zur Landung angesetzt, später kam der zweite hinzu. Erst im Herbst 2020 hatte die Stadt den Horst aufgestellt. Damit griff die Verwaltung eine Idee der Kleinenbremer Ernst Aldag und Heinrich Werkmeister auf. In Porta sind die Kleinenbremer Störche nicht allein: Seit 2017 kommt ein Paar ins Naturschutzgebiet Eisberger Werder. Seitdem gibt es dort Bruten, fünf Junge sind ausgeflogen. Auch in diesem Jahr brütet das Paar. Barbara Tiedermann, unterwegs als Ringableserin, hat zudem beobachtet, dass zurzeit zwei Störche über dem Rahlbruch in Möllbergen kreisen, ebenfalls ein Naturschutzgebiet. Bislang unbesetzte Nester gibt es außerdem auf Gut Eisbergen und am Großen Weserbogen, wo zwei Plattformen stehen. Mit Oeyni und Porti waren 2006 nach mehr als 100 Jahren Störche nach Porta Westfalica zurückgekehrt. Sie brüteten damals am Großen Weserbogen, das Junge starb. Zurück nach Kleinenbremen: Für Störche und andere Tiere ist im Bruch ein optimaler Lebensraum entstanden. Im Jahr 2017 war der Mühlenbach allein dort auf einer Länge von rund 400 Metern großräumig verlegt und renaturiert worden. Außerdem hatte die Stadt zwei große Wiesen (zusammen 33.500 Quadratmeter) gekauft, die naturnah bewirtschaftet werden. Zwei Streifen davon dienen als Ufer. So konnte der Mühlenbach, der früher dicht an privaten Grundstücken entlang verlief, mitten in die Fläche verlegt werden. Judith Mohme, als Diplom-Biologin in der Verwaltung für alle Gewässer zuständig, hatte damals eine „Oase“ angekündigt und nicht zu viel versprochen. Die Renaturierung geht auf eine Initiative des Heimatvereins Kleinenbremen zurück und ist Teil des Gewässerentwicklungsprojektes Weser-Werre-Ems, kurz WWE. Das Projekt läuft noch. Weißstörchen scheint es in dieser Ecke immer besser zu gefallen. Im benachbarten Bereich Bückeburg waren von 16 Nistplätzen vor wenigen Tagen bereits zehn besetzt. Mitte der 1990er Jahre gab es im gesamten Landkreis Schaumburg nur zwei Brutpaare.
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