Heiße Gerüchte am scharfen Eck
Nutzungspläne für den Lindenhof alarmieren Politiker / Veränderungssperre beantragt

     
Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Kleinenbremen (gp). Die Kleinenbremer sorgen sich um Anstand und Sitte im Dorf. Eine Art Schutzsatzung soll die Ansiedlung von "horizontalem Gewerbe" verhindern.

Seit Wochen schon brodelt es in der Lütkenbremer Gerüchteküche. Im Mittelpunkt der Spekulation der "Lindenhof" - traditionreiches Gasthaus an der Ecke Kleinenbremer Straße/Alte Straße. Alteingesessene Lütkenbremer sah man dort zuletzt nur noch selten. Nicht von ungefähr ist im Dorf vom "Scharfen Eck" die Rede.

Früher sprachen die Leute vom "Legge-Mester". Vor dem Neubau der jetzigen Schankwirtschaft stand auf dem Grundstück ein kleines Chausseehaus. Ein Beamter nahm den vom schaumburg-lippischen Bückeburg durchs preußische Kleinenbremen ins hessische Rinteln durchreisenden Leuten die Zollgebühr ab. Gleichzeitig war der Posteninhaber der "Legge-Meister" des Dorfes. Als solcher hatte er im Auftrag der Obrigkeit das von den Leinewebern des Ortes gewebte Linnen zu taxieren.

Heutiger Besitzer des Anwesens ist Günter Luig. Der 63-Jährige hat noch bis vor fünf Jahren selbst in seinem Lokal hinter der Theke gestanden, wohnt mittlerweile aber in Hessisch-Oldendorf. Nach seinem Umzug hatte er die Gaststätte verpachtet. Der Vertrag ist Ende des letzten Jahres abgelaufen.

Teigkneten hier, Leibesmassage dort?

Gerüchte, dass in seinem Haus ein paar Schritte von Schule und Kirche entfernt ein Bordell aufgemacht werde, dementiert Luig heftig. Bestätigen mag er lediglich, dass es erfolgversprechende Verhandlungen mit einem auswärtigen Interessenten gebe. Namen will er nicht nennen. Momentan laufe alles auf eine Vermietung und Nutzung als Wohnraum hinaus, erklärte er gestern.

Vor ein paar Tagen hatte er noch eingeräumt, daß der Neupächter an eine Art "Abend-Bistro" denke - ein Lokal, "wo man auch noch ein bisschen später hingehen kann". Fragen, ob man dabei außer Getränken auch andere Dienstleistungen in Anspruch nehmen und beim weiblichen Bedienungspersonal einen speziellen "Room-Service" ordern könne, weist Luig verärgert zurück.

  Wie auch immer - die "Umnutzungspläne" rund um den Lindenhof haben die Lütkenbremer Politprominenz alarmiert. Bei einem eilends einberufenen Krisengipfel war man sich einig, jedweder Form von zusätzlichem Verkehr im Dorf energisch den Riegel vorzuschieben.

Das aber ist leichter gesagt als getan. Die Gegend am scharfen Eck ist baurechtlich als "Dorfgebiet" ausgewiesen. Ob die hierfür geltenden Kriterien (Lärm, Brandschutz, Parkplätze usw.) zur Verhinderung eines "etwas anders gelagerten Gewerbes" (Sitzungsteilnehmer) ausreichen, ist ungewiss. Immerhin sei direkt gegenüber mit der Bäckerei Schäfer bereits ein nachtaktives Unternehmen vorhanden, war zu hören. Möglicherweise machten die Paragraphen zwischen Teigkneten und Leibesmassage gar keinen Unterschied.

Schutzsatzung für den Ortskern

Um solch schwierige Fragen erst gar nicht aufkommen zu lassen, machte SPD-Ratsherr Dieter Lichte den Vorschlag, eine Schutzsatzung für den Kleinenbremer Ortskern auf den Weg zu bringen. Darin solle generell alles untersagt werden, was den Zielen der Dorfentwicklungsplanung in irgend einer Weise gefährlich werden kann. Dem schlossen sich Bezirksausschussvorsitzender Fritz Heine und die anderen Gesprächsteilnehmer an.

Um die Sache sofort wirksam werden zu lassen, wurde darüber hinaus der sofortige Erlass einer Veränderungssperre beantragt. Der Vorgang ist mittlerweile auf dem Weg. In einer Sitzung des städtischen Planungs- und Umweltausschusses in wenigen Tagen soll alles wasserdicht gemacht werden.

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26.01.2001
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